Aus dem Alltag einer kleinen Praxis

Reine Zahlen, reine Fakten einer Psychologischen Praxis in einer Kleinstadt an der Peripherie von Hannover, bestehend aus 1 Mitarbeiter: Jugendliche Klienten im Alter zwischen 15 - 25 Jahren: 18 Davon mit der Diagnose Depressionen: 18 Davon mit suizidalen Gedanken: 14 Davon mit Suizid Versuche: 10 Von den 10 Jugendlichen wurden 3 Jugendliche direkt im Rahmen einer Sitzung just in Time mit Hilfe einer ortsansässigen Arztpraxis umgehend in eine Psychiatrische Einrichtung überstellt. Von diesen 3 Jugendlichen, 1 x am gleichen Tag versucht von dem Dach der ortsansässigen Schule zu stürzen, 1 x sich vor den Zug im Kreis Hildesheim legen und 1 x Pulsadern. Für 5 Jugendliche der 10 Hauptgefährdeten laufen Anträge auf stationäre Therapie. Reine Zahlen, reine Fakten. Aktion der Praxis: im Frühjahr offenen Brief an die Fraktionen demokratischer Parteien geschrieben. Keine Reaktion von CDU, FDP, Bündnis 90/Grüne. SPD antwortete und es fand ein Gespräch mit Landtagsabgeordnete Frau Dr. Lesemann in der Praxis statt. Reine Zahlen, reine Fakten. Kein weitere Erklärung, keine Anklage, keine Forderungen. Reine Zahlen, reine Fakten einer kleinen Praxis in einer Region. Dunkelziffer? Grauzone? Besorgte Eltern? Prävention in den Schulen? ....keine Ahnung. Stelle ich mal gern zur Diskussion. Mal sehen, ob sich damit jemand beschäftigen will. Bisher gilt das wohl immer noch als Randerscheinung oder schlimmer als "Phase".
Ja, bis hierhin sind es die aktuellen Zahlen und Fakten unserer Praxis. Anfang des Jahres bekam man einen ganz kleinen Hinweis, was auf uns zukommen kann. Ich dachte mit meinem naiven Geist, mit dem Offenen Brief an die Landtagsfraktionen etwas Aufmerksamkeit für dieses Thema zu erreichen. Das Resultat kann man als enttäuschend betrachten. Der Brief sollte einfach die Auswirkungen einer größeren Suizidgefahr bei Kindern und Jugendlichen beschreiben. Die völlige Überforderung der Eltern und vielleicht Aktionen ins Auge zu fassen, wie man präventiv etwas tun kann. Seit weit über 2  Jahren tragen Kinder und Jugendliche eine Hauptlast für die Auswirkungen der Corona Pandemie. Ob Schule oder soziales Umfeld, überall erlebten sie erhebliche Einschränkungen und Störung in ihrer eigenen Entwicklung. Das einzige, was den Politikern wichtig war, alles gegen Ansteckungsgefahr in den Schulen und möglichst niemals wieder Schulschließungen für die Zukunft in Aussicht zu tun. Natürlich ist das wichtig und es geht nicht um ein Ranking, was nun wichtiger wäre und was nicht. Aber es wurde ja nicht nur von meiner Seite gewarnt, sondern es gab einige Wissenschaftler, Ärzte und Psychologen die auf die Situation von Veränderung im Verhalten von Kindern und Jugendlichen hingewiesen haben.
Leider hat wohl niemand richtig zugehört. Ansonsten wäre meine kleine Praxis nicht mit dieser Anzahl von Fällen beschäftigt. Ich glaube es braucht kaum erwähnt werden, dass ich deshalb mit Jugendlichen arbeite, weil verzweifelte Eltern mich darum gebeten haben. Denn es gibt so gut wie gar keine freien Plätze bei der übersichtlichen Anzahl von Kinder- und Jugendpsychologen/Therapeuten.
Ja. ich bin etwas "angesäuert". Ja, ich bin etwas enttäuscht. Ja. ich bin etwas entsetzt welchen (Nicht-) Stellenwert dieses Thema in der Gesundheitspolitik hat. Und ja, ich hege keine Hoffnung auf Besserung. Kinder sollen ja unsere Zukunft sein ?!
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