Es gibt kaum jemanden unter uns der sich diese Frage nicht gestellt hat. Entweder bekommt man einen Spruch „Du bist ja nicht ganz normal…“ an den Kopf geworfen oder man zweifelt ab und zu an sich selbst und stellt sich in Frage. Wenn also jemand uns den zitierten Spruch einfach aus einem Kontext heraus an den Kopf wirft, so ist damit kaum eine Bewertung gemeint, sondern eher eine Äußerung für die Unverständlichkeit unserer Meinung zu einem Thema. Hier setzt derjenige, der den Spruch abgesendet hat, seine Meinung/Argumentation als „normal“ und vor allem richtig voraus.
Also ist das normal was er oder sie als normal ansieht. Aber was ist denn „normal“? Wer ist „normal“? Gibt es da eine klare Definition die wir als Richtwert nehmen können? Wer darf entscheiden was oder wer normal ist? So ähnlich wie festgelegte Maßeinheiten für Gewichte und Flüssigkeiten? Fragen über Fragen…
Normalität liegt wohl immer im Sinn des Betrachters. Für den einen ist es ein Schokoriegel, für den anderen die längste Praline der Welt. Wir machen uns oftmals zu viele Gedanken über das normal-sein und versuchen unsere Leben so zu arrangieren das es von außen unaufgeregt betrachtet wird und somit als „normal“ gilt. Jeder hat eine bewusste oder auch unbewusste Lebensphilosophie. Und hierzu kommen noch unsere Werte und Normen. Dies legen wir uns im Lauf des Lebens zurecht und bezeichnen dies als Normalität. Vieles was davon abweichen könnte, liegt dann außerhalb unserer Norm. Und sehr oft betrachten wir das als normabweichend, unverständlich und oftmals macht es uns auch Angst bis hin zur gefühlten Bedrohung.
Ganz besonders sichtbar wird es bei Umgang mit autistischen Menschen. Sie brauchen ihre Form, ihre eigene Normalität. Es ist beneidenswert wie sehr sie sich ihre eigene Welt, ohne Beeinflussung von außen oder Vorgaben, zusammenstellen und aufbauen. Und sie reagieren ganz besonders empfindlich und empfindsam, wenn jemand eine Veränderung vornimmt. Dies führt dann oftmals zu schweren Verstörungen und Problemen. Sie brauchen ihre Norm um in ihrer Welt so entspannt es geht, leben zu können.
Aber wann sind Gefühl und Wunsch bei uns am stärksten normal zu sein, wenn doch dafür keinen richtigen Richtwert gibt.
Im Prinzip können wir uns diese Frage selbst beantworten, wenn wir ein wenig nachdenken und unser Gefühl befragen. Der Wunsch und die Sehnsucht nach „Normalität“ ist immer dann am stärksten spürbar, wenn es uns körperlich oder seelisch schlecht geht. Haben wir Schmerzen oder eine besonders spürbare depressive Episode, ist dieser Zustand ganz sicher nicht die gewünschte Normalität. In solchen Fällen sehnen wir uns nach einer Normalität, die so aussieht, dass wir keine Schmerzen und keine Depressionen haben. Einfach ausgedrückt…das es uns (ganz normal) gut geht. Besonders bei psychischen Belastungen sehnen wir uns nach den guten Tagen, in denen wir ganz normal leben können und Freud und Leid in Balance sind. Das ist dann gespürte Normalität. Und unnormal ist dann die depressive Phase, die einem nie endend wollend vorkommt.
Ich für mein Teil bezeichne meine Normalität als Befindlichkeit in der ich mich wohl fühle. Ganz sicher aber nicht als Bewertung für meine Meinungen, Einstellungen und Neigungen. Die Norm eines Lebensweges kann nur jeder individuell festlegen. Ja, vielleicht als Hilfe und Navigationssystem. Aber niemals als Bewertungskriterium von außen.
Herzlichst
Euer
Frank Oleschko